CORD MEIJERING COMPOSER

"No man ever steps in the same river twice" (Heraclitus)

CORD MEIJERING
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ELISABETH.IKONE
In it’s worldwide survey of dance performances ballettanz - europe’s leading dance magazine - lists Elisabeth.Ikone as one of ten important dance productions of 2007.

Tanztheater
in einem Prolog,
7 Szenen und 6 Zwischenszenen

libretto: Bernd Weißig
music: Cord Meijering

for 1 flute, 1 oboe, 1 cor anglais, 1 clarinet, 1 basson, 1 horn, 1 trumpet, 1 tenor trombone, 1 tuba, timpani,1 harp, strings

composed in
2006

commissioned by
the Theater of Eisenach, Germany

duration
approx. 75 min.

movements
1. Vermählung (Wedding)
2. Höfische Spiele (Games at the Court)
3. Ludwig - Das Ende der Kindheit (Ludwig - End of Childhood)
4. Auflehnung gegen die Mode - Beginnende Isolation (Reaction against the Fashion - Beginning of her Isolation)
5. Der reich gedeckte Tisch (The richly laid table)
6. Zerstörung (Destruction)
7. Konrad von Marburg
8. Unterweisung und Züchtigung (Instruction and Beating)
9. Die Inquisition
10. Die Freude des Teilens (The Joy of Sharing)
11. Krankheit, Elend und Armut (Sickness, Misery and Poverty)
12. Elisabeth und ihr Meister (Elisabeth and her Master)
13. Regen der Wunder (miraculous rain)
14. Sie lässt aller Weltliche hinter sich (She leaves all worldly things behind)
15. Marburgs Todestanz Marburg’s Dance of Death)
16. Apotheose (Apotheosis)

dedicated to
no dedication

first performance
march 24, 2007
choreography: Tomasz Kajdanski
stage design and costumes: Dorin Gal
orchestra: Landeskapelle Eisenach
conductor: GMD Tetsuro Ban

Elisabeth: Ramona Seeck / Julija Gerbyna
Ludwig IV.: Alexander Semenchukov
Konrad von Marburg: Joe Monaghan / Gordon Wannhoff
Sophie: Anna Maria Tasarz / Margie Oosten
Guda: Julija Gerbyna / Margie Oosten
Isentrut: Mar Ameller / Sandra Muñoz López
Der Tod: Zahari Zahariev
Henker: Johann Hebert, Robert Kraus, Zahari Zahariev
Gesellschaft: Mar Ameller, Julija Gerbyna, Sandra Muñoz López, Margie Oosten, Anna Maria Tasarz, Ayako Toyama; Johann Hebert, Robert Kraus, Joe Monaghan, Gordon Wannhoff, Zahari Zahariev

rehearsal conductor: Georg von Einsiedel
ballet coach and choreographer’s assistant: Valeri Radulov
costume assistant: Martina Helbing
stage manager: Johanna Hoffmann
technical director: Detlef Martin
technical manager: Michael Walter
lighting: Uwe Dehn
sound manager: Peter-M. Riedel
masks: Kerstin Steinke
props: Ricarda Ruppert
head of costumes department: Klaus-Lothar Wollmann, Rosel Börner
costume designer: Martina Helbing
set design: Maik Felsberg
set painter: Edgar Hahn

publisher
EDITION MEIJERING

program booklet of the world premiere
please download here

program notes (german)
Tomasz Kajdanski und ich arbeiten nun bereits seit zehn Jahren zusammen.

Es begann 1997 mit KASPAR HAUSER - unserem ersten gemeinsamen Werk für Tanztheater – anlässlich der Eröffnung der 15. Bayerischen Theatertage im Landestheater Coburg. Eine erweiterte Fassung entstand 1999 für das Volkstheater Rostock.

In den Jahren seit KASPAR HAUSER blieben Tomasz Kajdanski und ich in regelmäßigem, freundschaftlichem, brüderlichem, meist telefonischem Kontakt. Verschiedene Stoffe für ein neues Ballett wurden gefunden, sie wurden geprüft und wieder verworfen.

Als Tomasz Kajdanski mir eines Tages vorschlug, ein neues Werk für Tanztheater anlässlich des Geburtstages der Heiligen Elisabeth von Thüringen zu komponieren, war ich vollkommen ratlos. Ich sah mich konfrontiert mit einer Welt, die mir fremd war, - so fremd, dass sie mich noch nicht einmal faszinierte.

Nach längerer Zeit des Überlegens ließ ich mich schließlich auf den Stoff ein. Der wahre und einzige Grund für diese Entscheidung ist, dass Tomasz Kajdanski mir versicherte, dass mich die Geschichte der Heiligen Elisabeth faszinieren werde.

Wie so oft liegt eben in den Dingen, die einem zunächst fremd erscheinen, ein großes Verwandlungspotential. So war es auch diesmal. Ich begann damit, mir einige Verhaltensmaßregeln aufzuerlegen: Ich wollte versuchen zu verstehen, nicht versuchen zu deuten oder gar zu erklären. Ich wollte beschreiben was ich wahrnahm, was ich erkannte. Ich wollte weder erklären noch interpretieren.

Das, was einem unverständlich ist verstehen wollen ist das, was bereichert.

Elisabeth kam mir vor wie ein Mensch aus einem anderen Land, einem anderen Kontinent, einer anderen Welt. Neudeutsch gesagt: sie war eine MIGRANTIN und somit eine AUFFORDERUNG ZUR VERWANDLUNG.
Erst allmählich bemerkte ich eine Gemeinsamkeit zwischen KASPAR HAUSER und ELISABETH.IKONE.: Beide Werke stehen in der Tradition des Mysterienspiels. Die Inszenierungen der Werke verhalten sich komplementär zueinander: Kaspar Hauser, eine weltliche Figur, geprägt vom unermesslichen Leid, das ihm von seiner Welt zugefügt worden war, fand seine Uraufführung in den sakralen Räumen von St. Moritz in Coburg und der Nicolaikirche zu Rostock – ELISABETH.IKONE, eine Heiligenfigur, geprägt vom unermesslichen Leid, das Anderen in ihrer Welt zugefügt worden war, betritt die Bühne eines weltlichen Theaters.
Es dauerte nicht lange, und die Geschichte der Heiligen Elisabeth schlug mich in Ihren Bann. Ich wurde mir plötzlich darüber bewusst, dass sich in den vielen Jahren meines musikalischen Suchens Musiken, historische Begebenheiten, Gedichte und Erzählungen angesammelt hatten, die nur darauf warteten zu einer Geschichte zusammengeführt zu werden: Schon in den frühen 80iger-Jahren - meiner Trierer Zeit - verbrachte ich viele Stunden täglich in der dortigen Universitätsbibliothek und erforschte die Musik des Mittelalters, insbesondere die der Troubadours, der Trouvéres, der Minnesänger und die Gesänge der Notre Dame Epoche mit ihren Großmeistern Leoninus und Perotinus.

Die Lektüre der Essays und der Cantos des amerikanischen Dichters Ezra Pound, insbesondere seine Abhandlungen moz el son (Wort und Weise) über die südfranzösische Troubadourdichtung wurden zu Konstanten in meinem Denken in Musik, Literatur und Kunst und Kultur im Allgemeinen.

Später - viel später - erwarb ich im Kriminalmuseum von Rotenburg ob der Tauber einige Drucke aus der Manessischen Liederhandschrift, die im Original in der Heidelberger Universitätsbibliothek aufbewahrt ist. Die Bildnisse der Minnesänger aus dieser Handschrift hängen seit vielen Jahren an den Wänden meiner Wohnung. All diese Sänger warteten. Sie warteten auf Tomasz Kajdanskis Aufforderung die Heilige Elisabeth zu komponieren. Sie warteten und forderten auf.

ELISABETH.IKONE ist für mich ein Sinnbild für DAS IRRITIERENDE DER ANDERSHEIT.

Es gibt zwei Wege:
Auf dem ersten versuche ich den Anderen auf meinen Weg zu bringen, ihn von mir und meiner Kultur zu überzeugen. Es ist der harte und der sich verhärtende Weg der Ignoranz.

Auf dem zweiten Weg versuche ich die Andersheit des Anderen zu verstehen, von seiner Andersheit zu lernen, mich mit seiner Andersheit zu vermählen. Es ist der weiche und sanfter werdende Weg der Intelligenz.
Elisabeth.Ikone ist eine Ausländerin. Fürchtet Euch nicht! Sie birgt viel Verwandlungspotential!

Sich-Verwandeln heißt sich des Eigenen Ichs bewusst werden, heißt Künstler sein.

Ignorant-Sein heißt: in den Kreuzzug ziehen, das Eigene Ich verlieren.

Teile dem autoritären Ich-Verlustigen niemals mit, dass er einer ist! Versuche ihn auf den weichen Weg der Intelligenz zu führen!

post scriptum
Ich verstehe nicht – und ELISABETH VON THÜRINGEN hätte dies noch viel weniger verstanden-, dass man einem Theater, in dem das Ballett nominiert wurde für den höchsten Theaterpreis der Republik, die öffentlichen Fördermittel um zwei Drittel kürzt.

Es wird stets dort zu Tode gespart, wo es nichts zu holen gibt.

Möge der Zorn der Heiligen Elisabeth über Euch kommen, über Euch, die Ihr das entschieden habt und die Ihr Euch schamlos in ihrem Glanze sonnt!

Cord Meijering - Darmstadt im März 2007