Die PASSION JESU CHRISTI von Geonyong Lee in deutscher Sprache.
26/01/15 05:16 Filed in:
Music | SocietyDie PASSION JESU CHRISTI von Geonyong Lee in deutscher Sprache. Wie es dazu kam und was sich gestaltete.
Wenn man dem Leben sein Herz weit öffnet, strömt das erstaunliche Leben herein und gestaltet die Sprache des Herzens...
Geonyong Lee und ich trafen uns erstmals am 28. November 2011 in Seoul. Gemeinsam mit seiner Ehefrau holte er mich in meinem Hotel nahe der Gyodae-Station ab, und wir begannen unser Kennenlernen und unsere sich außergewöhnlich rasch entwickelnde Freundschaft - wie immer in Korea - mit einem gemeinsamen Mittagessen. Wir besuchten ein Restaurant nahe der Korean National University of Arts.
Mit Geonyong Lee traf ich einen Menschen, der mir sehr offen und herzlich entgegen trat. Er gehört zu den ganz wenigen wirklichen Gentlemen, denen ich in meinem bisherigen Leben begegnet bin. Seine klare, sanft auffordernde Art zieht mich an, lässt mich erwartungsvoll gespannt sein auf all das was folgen wird.
Wir trafen uns während meines dreiwöchigen Aufenthalts in Seoul sehr oft, sprachen über Musik, über menschliche und musikalische Kultur zwischen den Kulturen in dieser sich selbst bekämpfenden und sich selbst umarmenden Welt.
Geonyong Lee überreichte mir eine DVD mit der Aufnahme seiner PASSION OF JESUS CHRIST. Ich hörte diese Musik, und sie schlug mich in ihren Bann. Sie ist mir Sinnbild eben dieses Kampfes in dieser Umarmung.
Ich war dabei, als seine Lieder für Bariton und Klavier für eine CD produziert wurden. Ich las die Musik. Sie sah im Notenbild aus wie Schubert. Ich hörte die Musik, und ich hörte schamanische Gesänge. Das verwirrte mich. Später, in diesem Gasthaus, fragte Geonyong Lee “Hast du meine große Liebe Schubert gehört?” Ich antwortete: “Ich habe sie gelesen. Gehört habe ich schamanische Gesänge”. Sichtlich erfreut entgegnete mir Geonyong Lee (er strich dabei mit der rechten Hand über seine rechte Körperhälfte) “Diese Seite ist Schamane”. Dann strich er über die linke Körperhälfte und sagte: “Diese Seite ist Schubert”. Dann wies er auf seinen Kopf und sagte: “Und mein Kopf ist Christ”.
Bei anderer Gelegenheit fragte ich Geonyong Lee, ob eine Übersetzung seiner PASSION ins Deutsche für möglich halte. Er gab die richtige Antwort: “Ich denke, dass das nicht möglich ist”. Hätte er die Frage mit “Ja” beantwortet, wäre es vielleicht nicht so schnell zu einer Übersetzung dieser wunderbaren Musik gekommen. So aber provozierte Geonyong Lee mich ihm das Gegenteil zu beweisen. Im Sommer 2012, während eines sieben- wöchigen Aufenthalts in Seoul begann ich mit der Übersetzung. Es dauerte sieben Monate bis alles geschafft war.
Die Bibel-Texte der Passion existieren in deutscher Version. Daher sehen wir sie als unveränderlich an. Aus diesem Grund veränderte Geonyong Lee seine Musik, richtete sie auf den deutschen Bibeltext ein. Ich revidierte die Deklamation und hatte nichts zu
revidieren, da Geonyong Lee dem Charakter der deutschen Sprache vollkommen entsprochen hatte.
Meine Aufgabe war, die poetischen Texte der Passion ins Deutsche zu übersetzen. Das war eine große Aufgabe, bei der ich ebenso viel über die koreanische Sprache wie über die deutsche Sprache erfuhr.
Der amerikanische Dichter Ezra Pound benannte Melopoeia, Phanopoeia und Logopoeia als die wesentlichen Koordinaten der Dichtung. Die Melopoeia betrifft den Rhythmus und den Klang und die Melodie des Textes, die Phanopoeia das Imago, das vor dem inneren Auge entsteht, wenn ein Wort ausgesprochen wird. Logopoeia bezeichnet den Sinn der Worte, den extravaganten Zusammenhang.
Der Weg einen Prosa-Text zu übersetzen ist nicht mit Steinen zum Stolpern belegt, da es nur um die Übersetzung der Logopoeia, die Sinn-Übertragung geht..
Der Weg einen poetischen Text zu übersetzen ist solange nicht schwierig, wie es um die Übertragung der Phanopoeia geht. “Eine Rose” ist “a rose”, ist “una rosa”, ist “djangmi”.
Die Melodie jedoch ist die höchste Abstraktion der musikalischen Welt. Daher ist die Übersetzung der Melopoeia von einer in eine andere Sprache unmöglich.
Die deutsche Sprache ist eine Auftakt-Sprache, da sie der Artikel bedarf: Das Haus, des Hauses, im Haus... Die koreanische Sprache befolgt diese Regeln nicht. Sie hat keine Artikel, bezeichnet alles über Endungs-Partikel, ist somit eine Volltakt-Sprache: Djib, Djibi, Djibeul, Djibe etc.
Wenn man die Worte einer koreanischen Musik ins Deutsche übersetzen möchte, ist man immer mit dieser unterschiedlichen Art den Puls der Erde und die Herausforderung des Himmels zu bezeichnen konfrontiert.
Ich habe aufgrund dieser Herausforderung und aufgrund meiner Liebe zu Geonyong Lees Musik mein Bestes gegeben um diese Aufgabe zu erfüllen.
Am Ende kam alles zusammen wie im Traum: Volker Jung, Präsident der Evangelischen Kirche Hessen Nassau erklärte sich bereit die Finanzierung der Uraufführung zu gewährleisten. Wolfgang Kleber dirigierte die Uraufführung mit seinem PAULUS-CHOR.
Es ergab sich, dass im Jahr 2013 das 130-jährige Jubiläum der Koreanisch-Deutschen Beziehungen gefeiert wurde.
Der General-Konsul der Republik Korea, Won-Jung Han und der Oberbürgermeister der Wissenschaftsstadt Darmstadt Jochen Partsch übernahmen für das Konzert die Schirmherrschaft.
Es sangen der Paulus-Chor verstärkt durch Sängerinnen und Sänger der Akademie für Tonkunst in Darmstadt sowie die Solistin und die Solisten Barbara Meszaros, Hwan-Cheol Ahn, Johannes Hill, Richard Logiewa und Andreas Wagner. Begleitet wurden sie von Friederike Richter (Klavier), Mysty Schaffert (Orgel), sowie Julia Sauter und Marcel Sartor (Schlagzeug).
Die Anforderungen, die Geonyong Lees Passion of Jesus Christ an einen Laien-Chor stellt, ist immens. Es war bewegend zu sehen und zu hören, wie der Chor der Paulus- Gemeine, der überwiegend aus älteren Menschen besteht, sich leidenschaftlich dieser Aufgabe angenommen hat.
Der Dirigent Wolfgang Kleber begeistert die Sängerinnen und Sänger des Paulus-Chors, weil er selbst begeistert ist.
Die Gesangssolisten und die Instrumentalisten musizierten auf hohem Niveau und leisteten so ihren hervorragenden Beitrag zum Gelingen dieser außergewöhnlichen Uraufführung.
Am Anfang war ein Begegnung. Daraus ergab sich eine Freundschaft. Diese bewirkte schöne Dinge für unsere Welt.
Es geht um das Zusammenspiel.
In diesem Fall spielten Geonyong Lee (Komponist), Cord Meijering (Komponist), Volker Jung (Präsident der Evangelischen Kirche Hessen Nassau), Wolfgang Kleber (Dirigent), die Solistin und die Solisten Barbara Meszaros, Hwan-Cheol Ahn, Johannes Hill, Richard Logiewa und Andreas Wagner, der Paulus-Chor der Paulus-Kirche Darmstadt, die Instrumentalistinnen und Instrumentalisten Friederike Richter, Mysty Schaffert, Julia Sauter und Marcel Sartor, der Oberbürgermeister der Wissenschaftsstadt Darmstadt Jochen Partsch und der Generalkonsul der Republik Korea Won-Jung Han.
Es war ein gutes Spiel, gespielt von Menschen verschiedener Nationen.